The legendary CBGB // Wie ich per Zufall plötzlich im ehemals legendärsten Punk-Club New Yorks landete

Die legendäre Markise des CBGB, geknipst in der Rock’n Roll Hall Of Fame in Cleveland. Mein Beitrag dazu folgt noch.

Heute erzähle ich euch wie ich mich am Abend des 7. Septembers 2017, einem Gefühl folgend und völlig ahnungslos in den ehemaligen “heiligen Hallen” des berühmten CBGB in NYC fand.

Wir schlenderten an diesem Abend mehr oder weniger ziellos an der Bowery (Manhatten/NY) in Richtung Norden entlang. Es hatte schon zu dämmern begonnen und wir betrachteten die immer heller werdenden Schaufenster auf unserem Weg. Zuvor waren wir in Chinatown unterwegs gewesen. In einer Stadt mit unzähligen kulinarischen Angeboten an jeder Ecke, konnten wir uns nicht entscheiden, wo wir endlich zu Abend essen gehen wollten. Zudem wollten wir noch Ausschau nach der nächstgelegenen Metrostation halten, denn später mussten wir ja wieder zurück nach Brooklyn, wo sich unsere Unterkunft befand.

315 BOWERY  / MANHATTAN / NEW YORK

Mein Blick erfasste plötzlich einen coolen Laden. Von außen sah man diesen gigantisch-prachtvollen Kronleuchter an der Decke hängen. Es gab so viel zu sehen. Ich konnte auf Anhieb nicht durchschauen ob es sich hierbei um einen Plattenladen, einen Musikerstore oder um eine Boutique handelte. Das prachtvoll eingerichtete Innere des Ladens mitsamt der Verkaufsstücke zog mich aber direkt magisch an.

Eigentlich laufe ich ungern in Läden hinein, die so luxuriös eingerichtet sind. Es ist mir einfach unangenehm, weil ich mir all das tolle Zeug nicht leisten kann und nach einer kurzen Besichtigung und einem tiefen Seufzer wieder hinaus laufen muss. Aber in diesem Fall war es mir irgendwie total schnuppe. Ich musste hinein. Mein Mann war schon einige Schritte weiter gelaufen, als ich ihm laut zurief und sagte: „Schatz, hier sieht es  s o  g e i l  aus! Ich muss da einfach reingehen!“

Sobald ich den Laden betreten hatte, lief ich zum Personal und fragte, ob es erlaubt ist Fotos zu machen. „Das ist kein Problem“, sagte der gut angezogene freundliche Mann mit der Statur eines Bodyguards. Vermutlich Sicherheitspersonal, dachte ich.

Ausgestellt: Ein VPI Scout 2.0 Turntable, McIntosh MAC 4100 Stereo Receiver, Marantz Model 5020 & 5220 Stereo Cassette Tape Deck

Ein Laden für einen Rockstar, ging mir durch den Kopf. Ich erblickte gut erhaltene Vinyl-Schallplatten aus den 1970ern, die man kaufen und auch anhören konnte. Es gab limitierte Samples und Fine Art Prints zu kaufen. Im rechten mittleren Bereich stand eine kleine Bühne mit spielbaren Instrumenten und weiter hinten hingen edle Kleidungsstücke für den Herren, natürlich im hohen Preissegment. Sowas von jenseits dessen, was wir uns leisten können…

Die grandiose Einrichtung aber soll vermutlich die Frauen betören, dachte ich. Sie sollen im Rausch ihr Männchen überreden, sich was Hübsches hier zu gönnen. Und im Idealfall werden sie dazu angeregt, eine Kleinigkeit für ihren Liebsten mitzubringen, sollten die nicht persönlich mit anwesend sein… Ich war nämlich beinahe daran mein Menne zu überreden, wenigstens einen Gürtel zu kaufen, wenn wir uns schon nicht die coole Lederjacke, den Sakko mit der tolle Farbe oder die hübschen Stiefel hier leisten konnten.

Zu meinem Glück wurde ich von der Wand links abgelenkt, wo unzählige, zum Teil völlig zerfledderte alte Flyer und Plakate klebten. Das war hier bestimmt ein Club wo Live-Musik gespielt wurde, spekulierten mein Mann und ich. Dann mussten wir uns informieren. Der nette Mann von zuvor klärte uns dann auf. „Oh yeah, ihr befindet euch im ehemaligen CBGB“. „Really?“ fragte ich ehrfürchtig erschrocken. “Wie cool ist dass denn?“

“Ja, auf der Bühne wird noch gespielt. Und heute Abend wird hier auch Machine Gun Kelly Live auf der Bühne auftreten”, klärte uns der freundliche Mitarbeiter auf. “Nein, nur für ausgewählte VIP-Gäste”, antwortete er auf Nachfrage von meinem Mann. Ich spekulierte, sicherlich würden auch ein paar Models unter den Gästen sein, denn zu dem Zeitpunkt fand auch die Fashion Week in New York statt.

„CBGB sagt mir gar nichts. Warum kennst du den Laden?“ fragte mich mein Mann später. „Wie, du kennst den legendären Punk-Club CBGB nicht?“ fragte ich ihn. Aber warum fragte ich ihn überhaupt, er hört eher eine ganz andere Musikrichtung als ich. Wobei er sich für gute Mucke immer begeistern kann, egal von welcher Genren-Ecke sie stammt.

LONG LIVE ROCK

CBGB – The short Story

Eröffnet wurde der legendäre Schuppen irgendwann im Dezember des Jahres 1974, auf der 315 Bowery in New York. Der einst ziemlich schmuddelige Club CBGB entwickelte sich Mitte der 1970er-Jahre in New York zu einer Untergrund-Musikszene und wurde der Mittelpunkt für die zu der Zeit auftretenden Bands, die nirgendwo sonst eine vergleichbare Plattform geboten bekamen, wo auf sich aufmerksam machen konnten.

Bild von Stig Nygaard from Copenhagen, Denmark (Legendarisk men lukketruet CBGB) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Hilly Kristal hieß der Mann, der diese Kneipe mit dem Namen CBGB OMFUG – ein Akronym für “Country, Bluegrass, Blues and Other Music For Uplifting Gormandizers“, eröffnete. Damals noch nichts ahnend, dass er und sein Lokal irgendwann einmal in die Musikgeschichte eingehen würden.

By Charliesamuels (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Hilly Kristal verstarb im August 2007 an Lungenkrebs, im Cabrini Medical Center in Manhattan. Er wurde 75 Jahre alt.

Im CBGB´s sollten eigentlich nach Kristals Vorstellung Country, Bluegras und Blues-Bands spielen, aber der Club wurde zu dem Forum für amerikanische Punk- und New-Wave-Bands. Von den frühen 1980er Jahren wurde es vor allem für Hardcore-Punk bekannt.

Die Schaufensterfront und der große Raum neben dem Club dienten viele Jahre lang als “CBGB Record Canteen” (Plattenladen und Café). Ende der achtziger Jahre wurde dieser Raum geschlossen und durch eine zweite Performance- und Kunstgalerie mit dem Namen “CB’s 313 Gallery” ersetzt.

Bild von Leonard J. DeFrancisci [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) oder GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

Im Oktober 2006 wurde der Club dann schließlich endgültig geschlossen. Hilly Kristal konnte sich die Miete, die von $19.000 auf $35.000 Dollar erhöht worden war, nicht mehr leisten und verlor den Pachtvertrag. Zudem war er von seinem Vermieter (einer Non-Profit-Obdachlosenhilfe-Organisation) auf $90.000 Nachzahlung verklagt worden. Hilly Kristal zog weg nach Las Vegas.

Das Abschlusskonzert wurde von Patti Smith am 15. Oktober 2006 aufgeführt. Die Punk-Ikone soll gesagt haben: “Es gibt neue Kinder mit neuen Ideen auf der ganzen Welt. Sie werden sich ihre eigenen Plätze einrichten, egal ob hier oder irgendwo anders.”

The entrance to CBGB the day after the closing – Bild von Romanontheprowl (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) oder FAL], via Wikimedia Commons

Im Jahr 2012 wurde CBGB als größtes Musikfestival in New York City wiedergeboren. Das CBGB Festival gab am 7. Juli 2012 große Gratiskonzerte am Times Square und im Central Park. Es traten hunderte von Bands an verschiedenen Orten in der ganzen Stadt auf.

New Yorks berühmteste Musikorte der Vergangenheit waren dafür bekannt, wichtige Bands auf die Landkarte zu setzen, aber heute sind die Adressen, die sie besetzten, kaum noch zu erkennen. Gebiete wie die Bowery, wurden in den letzten Jahren so gentrifiziert, dass der lokale Markt heute mehr High-End-Mode als High-Octan-Punkrock ist.

Der ehemalige Cub hat jedoch einen Teil seiner Geschichte bewahrt, dank des Bestrebens des Modedesigners John Varvatos, indem er einen Großteil der Graffitis, die die Toilettenwände bedeckten konserviert hat. Und die alten Band-Flyer aus der musikalischen Vergangenheit des Veranstaltungsortes bedecken eine Wand im Laden, sicher und geschützt hinter Glas.

Der Film “CBGB”

Wenn ihr nun mehr darüber erfahren wollt, wie das alles damals mit Hilly Kristal und der schäbigen Kneipe angefangen hat, dann kann ich euch den Film “CBGB” sehr ans Herz legen. Mit Sicherheit sind ein paar schmutzige Details der US-Zensur zum Opfer gefallen und vermutlich wurden dafür andere hinzugefügt, aber wer sich für die Musikrichtung interessiert, wird von der Filmmusik begeistert sein!

Und jetzt haltet euch fest: den könnt ihr gleich im Anschluss völlig kostenlos auf Netflix anschauen, sofern ihr natürlich einen Account dort habt! 😀 (zur Zeit leider nicht möglich!)

Im Film spielen übrigens der großartige Alan Rickman in der Rolle des Clubgründers Hilly Kristal, Johnny Galecki als Terry Ork und Rupert Grint als Cheetah Crome. Donal Logue als Merv Ferguson.

Nebenbei erfährt man auch etwas über die Gründung des Punk-Magazins, im Jahre 1975 von Grafiker und Comiczeichner John Holmstrom.


ADRESSE

CBGB

M E T R O
2 Avenue Station, Linien F und M
Von dort die E Houston St bis zur Kreuzung Bowery/E Houston St laufen,
dann geht es am Bowery Mural (die befindet sich Gegenüber) rechts die Straße hoch.


Weitere Infoquellen

blogs.nytimes.com
http://www.nytimes.com/
phil.uzh.ch
spiegel.de/kultur
deutschlandfunk.de/

Vielen Dank fürs Vorbeischauen und bis ganz bald!
Signatur_frzuckerbroetchen

Verfasst von

Hallo, schön dass du hier bist. Hier findest du Freebies von meinen Designs, ein paar Reiseerlebnisse und noch allerlei andere Dinge die mich im Alltag beschäftigen, mich bewegen, begeistern, inspirieren und zum Selbermachen anregen. Vielleicht ist ja auch was für dich dabei. Würde mich freuen!

21 Kommentare zu „The legendary CBGB // Wie ich per Zufall plötzlich im ehemals legendärsten Punk-Club New Yorks landete

  1. Punk ist jetzt nicht so mein Ding aber wenn sich jemand dafür interessiert ist dies sicherlich ein toller Beitrag von dir !!! Ganz toll gemacht und beschrieben ! Reingegangen wäre ich definitiv aber auch !!!! Manni

    1. Ich bin ehrlich gesagt auch nicht zu 100% Punk-Fan, aber ein paar Songs gefallen mir ziemlich gut.

      Was für ein Kompliment! Herzlichen Dank! *rotwerd* Das zeigt mir, dass es sich gelohnt hat, ein wenig mehr Zeit in einen Beitrag zu investieren.

      Ganz viele Grüße an dich! 😀

  2. Echt cool! Das CBGB’s hätte ich auch gerne gesehen. Freut mich echt, dass du da so reingestolpert bist. Wusste auch gar nicht, dass es den wieder gibt. Meine letzte Info war das mit dem Abschlusskonzert, weil sie die teure Miete nicht mehr bezahlen konnten.
    Den Film habe ich mal per Zufall gesehen. War echt klasse mal was von dem Flair von damals mitzubekommen.

    1. Hallo Markus,
      danke für deinen Besuch! Freue mich sehr, dass dir mein Bericht gefällt. 😀

      Ja, leider gibt es das CBGBs nicht mehr so in der Form wie noch vor der Schließung. Der Designer lässt wohl ab und zu noch bekannte Musiker auftreten, aber nur noch als private Veranstaltung…

      Ich habe aber erfahren, dass der Club am Flughafen von Newark (am Terminal C) als CBGB LAB neu eröffnet wurde, bedauerlicherweise hat er mit seiner alten Geschichte nichts mehr gemeinsam. Wird heute nur als Restaurant mit einer Bar fortgeführt. Das Restaurant soll noch einen Plattenladen besitzen, wo man die alten Hits von damals kaufen kann, aber das wars dann auch schon. Die Fans des ehemaligen Clubs sind schwer enttäuscht. Weniger von der Qualität der Speisen, als was jetzt daraus geworden ist…aber wen wundert das?

      Wer auf diese irrwitzige Idee kam, konnte ich leider nicht ausfindig machen. Irgendwo im Netz las ich einen Artikel aus dem Jahre 2012, da hieß es noch, dass der Club in einem neuen Lokal in der Stadt wiederbelebt werden soll. Doch getan hat sich seitdem leider nichts mehr und das CBGB-Festival soll ja zuletzt 2014 stattgefunden haben. Sehr schade! Für mich war es aber am ehemaligen Standort zu sein trotzdem ein großartiges Gefühl. Ich bin da eh ein wenig durchgeknallt was das betrifft, denn ich glaube daran dass Orte Energien speichern, positive wie negative. Bestimmt hat es mich nicht ohne Grund dorthin verschlagen. 🙂

      Liebe Grüße!

      1. …Punks am Flughafen… …na das stelle ich mir ja lustig vor. Echt schade, dass so eine Marke wie CBGBs so kommerziell ausgelutscht wird. Aber es ist wohl so… …nu, wem’s gefällt.

        Danke für die ganzen Infos.

        Liebe Grüße

  3. Super Beitrag. Meine Kultlocation ohne je dort gewesen zu sein. Doch etliche Bands die dort spielten sind mir noch heute wichtig, manches Produkt steht in meiner Sammlung. Cramps, Cro-mags, Overkill, Bad Brains…. die Adaption davon bei mir in Towin ist das legendäre CRASH.

    1. Oh, vielen lieben Dank! Ein Lob von einem waschechten Fan fühlt sich besonders toll an! 😀
      Ich hoffe, dass eines Tages ein Besuch der Location für dich möglich wird. Dort ist auf jeden Fall noch sowas wie eine “Magie” zu spüren!

      Danke auch für die Auflistung der Bands in deiner Sammlung. Einige kannte ich noch gar nicht, wie Overkill, Cro-Mags. Werde sie bei Gelegenheit mal auf Spotify anhören. 🙂

      Liebe Grüße und ein grandioses Wochenende!

  4. Hallo Frau Zuckerbrötchen, stolperte bei meinem ersten USA Besuch auch ins CBCGs rein und war begeistert. Superschräge Ladies Band, Transvestiten, etc. Das war die beste Reise meines Lebens: von NY per Auto zur Westcoast und dann runter bis Bolivien. Unterwegs alle schamanistischen Pflanzen probiert. Alles war easy, gewaltfrei und superauthentisch. Danke für die Erweckung meiner schönen Erinnerungen.

    Habe ab nächstem Jahr noch einige off-track Reisen vor.

    1. Hallo Gabriele, oh wie beneidenswert! 😀 Ich hätte diese Auftritte damals im CBCB auch sehr gerne selber erlebt. Und eure Tour im Anschluss bis runter nach Bolivien, wäre ganz ehrlich auch was für mich, denn Südamerika reizt mich seit jeher auch sehr. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ihr eine tolle Zeit hattet! Vielen Dank für deinen Besuch und fürs Kommentar da lassen! Habe mich sehr darüber gefreut. 🙂 Ich wünsche dir noch viele tolle Reisemomente in der Zukunft!

      Ganz liebe Grüße! 🙋🏻‍♀️

  5. Habe dort 1978 John Cale gehört. Es war der lockerste, affektfreiste Club den ich besuchte. Man fühlte sich zugehörig. Der Club roch gut. Im Studio 54 war ich nicht. Als ich vorbeiging, unterhielten sich die Türsteher mit einem Obdachlosen. Bei den schwarzen Gentlemen war es Mode, eine Fahrradklingel am Spazierstock zu haben.
    Und auf der Treppe der Public Library sonnten sich neben mir die süßesten Mädels.

    1. Ich mag die Songs von John Cale auch sehr! Wirklich beneidenswert! Vielen Dank für deinen Kommentar. Hast mich mit deiner Beschreibung in das New York der 1970er katapultiert. 😀

      Viele Grüße!

Ich freue mich mega über jeden Kommentar!

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